Bildungsstress im Kindergarten
Mit Babykursen geht der Förderwahnsinn los, und der Markt boomt.
Julia berichtet vom Fördern und (Über) Fordern aus eigener Erfahrung.

Gerade als Eltern eines Neugeborenen wird man mit Kursangeboten nur so überflutet. PEKiP, Babymassage, Babyschwimmen, DELFI, FenKid und ElBa, um wirklich nur ein paar der unzähligen Frühfördermöglichkeiten zu nennen. Alle Kurse haben ein gutes Konzept und klingen vielversprechend. Nun steht man also da und weiß gar nicht genau was man jetzt buchen soll. Am liebsten würde man ja als hochmotivierte Erstlingseltern direkt alle Kurse belegen und den kleinen Lieblingsmenschen in allen erdenklichen Bereichen bestmöglich fördern. Man will ja schließlich die besten Grundlagen für die Zukunft schaffen und etwaige Schwächen von Anfang an ausmerzen, so dass diese später kein Hindernis werden können. Und genau an diesem Punkt fängt der Bildungsstress dann bereits mit den Babykursen an.

Kommt das Kind dann in die KiTa, fängt der Förderwahnsinn erst richtig an.
Es wird gelernt, geschuftet und geübt. Musikalische Früherziehung, Schwimmen (natürlich mit dem Ziel das Seepferdchen noch vor der Einschulung in der Tasche zu haben), Kinderturnen und der Englischkurs. Hobbys wie Reiten, ein Instrument oder Fußball kommen dazu. On Top oftmals noch notwenige und vom Arzt verschriebene Therapien wie Logopädie oder Ergotherpie. Eltern wollen ihre Kinder frühzeitig fit für die Leistungsgesellschaft machen. Sie wollen sich außerdem beweisen und so sieht und hört man nicht selten, dass manche Kids mehr als eine 40-Stunden- Woche haben. Wenn man nämlich mal bedenkt, dass viele Kinder jeden Tag bis zu 8 Stunden in der KiTa spielen, toben, streiten und fürs Leben lernen (und KiTa ist für unsere kleinen Lieblings oft anstrengender als ein Halbmarathon für Untrainierte), haben sie die arbeitsvertragliche Regulierung der Wochenarbeitszeit von uns Erwachsenen eigentlich schon überschritten und dürfen nachmittags oder am Wochenende noch zusätzlich pauken. Tonleitern, Tanzschritte, Englischvokabeln oder Komplementärkontraste im Farbkreis. Es nimmt kein Ende und die Leidtragenden sind in jedem Fall immer die Kinder.
Spielend lernen – ganz ohne viele Kurse


Dabei könnte es doch eigentlich so einfach sein. Neben bedingungsloser Liebe, der Geborgen- und Sicherheit, brauchen Kinder eigentlich doch nur Zeit.
Zeit zum Spielen.
Zeit zum Wachsen und bewusste Zeit mit der Familie ohne Ablenkungen.
Zeit für unvergessene Momente.
Stockbrot am Lagerfeuer, Waldausflüge, Übernachtung im Garten, Drachensteigenlassen, Fahrradfahren, gemeinsam am Strand Muscheln sammeln. Lieben, Leben, Lachen
– glücklichsein eben.



Kinder brauchen nicht unbedingt irgendwelche Förderkurse, sondern Eltern, die dem Wissensdurst ihrer Kinder Raum und Zeit geben. Spielen ist immer Lernen. Wenn man, so wie ich, nicht so ganz ohne Wissensvermittlung kann oder will, kann man dem Wissendurst als Eltern natürlich auch spielerisch begegnen. Eine schöne Spielidee zum Einüben der Laute findet ihr zum Beispiel in unserem letztem Beitrag „Spielend lernen mit Frieda“. Mini-Menschen-Kinder haben so oder so viel in unserer Welt zu entdecken, zu erleben und kennenzulernen. Nehmt euch Zeit mit ihnen, lernt spielerisch das, wofür das Kind sich gerade interessiert und lasst sie alle erstmal wachsen und sich selbst entwickeln. Sicherlich kristallisiert sich dann auch irgendwann ein tolles Hobby heraus, das das Kind nach seinen ganz eigenen Interessen ausgewählt hat und welches es dann mit großer Leidenschaft verfolgt. Daran wächst es mehr als an Förderkursen und wer weiß, vielleicht zeigt es sich dann genau dort auch als besonders talentiert und begabt.